Veranstaltungsbericht: Religion und Recht

28.11.2012

Bad Kreuznach, 28. November 2012. Auf Einladung des regionalen Arbeitskreises Christlich Demokratischer Juristen Bad Kreuznach hielt Dr. Ralf Eschelbach, Richter am Bundesgerichtshof, einen Vortrag zum Thema „Der Rechtsstaat als Garant und Grenze der Religionsfreiheit".

„Das Spannungsfeld von Religionsfreiheit und ihren rechtlichen Grenzen fordert immer wieder zu schwierigen, häufig kontroversen Abwägungsentscheidungen heraus, die auch den gesellschaftlichen Wandel widerspiegeln", betonte der Regionalsprecher des ACDJ Bad Kreuznach, Jörn Hildner, bei seiner Begrüßung. „Wurden in den 1970er bis in die 1990er Jahre hinein Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit christlicher Symbole insbesondere in der Schule geführt, geht es im Jahr 2012 um die Rolle der Scharia und die Strafbarkeit der Beschneidung von Jungen nach jüdischer oder muslimischer Tradition."

Hieran anknüpfend stellte Dr. Eschelbach zunächst dar, in welchen Fallkonstellationen mit Auslandsbezug nach dem Internationalen Privatrecht die Scharia auch von deutschen Gerichten angewendet wird. Hierbei würden die Gerichte aber stets intensiv prüfen, ob die einschlägige Vorschrift der Scharia mit den Grundwerten der deutschen Rechtsordnung, insbesondere den Grundrechten, im Einklang stehe. Dadurch werde verhindert, dass in Deutschland Urteile gesprochen werden müssten, die etwa mit der Gleichberechtigung von Männern und Frauen nicht zu vereinbaren wären.

Kritisch äußerte sich Dr. Eschelbach zu dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren, mit dem die Politik auf ein Urteil des Landgerichts Köln reagiere, das die nicht medizinisch indizierte Beschneidung von Jungen als strafbare Körperverletzung qualifiziert hatte. Eine Beschneidung ohne Betäubung sei nach medizinischen Erkenntnissen selbst für Kleinstkinder eine Gewalterfahrung, deren psychische Wirkung zwar nicht vorschnell übertrieben, jedoch auch nicht baga¬tellisiert werden dürfe. Dr. Eschelbach bezweifelte, ob sich die betroffenen Eltern dessen immer hinreichend deutlich bewusst seien. Wer eine Beschneidung fachgerecht durchführe, müsse allerdings mit Blick auf die Äußerungen der Bundesjustizministerin und des Bundestags in Reaktion auf das Kölner Urteil keine Bestrafung fürchten.

„Dr. Eschelbach ist es in hervorragender Weise gelungen, das vielschichtige Thema darzustellen und dabei Fehlvorstellungen vorzubeugen", so Jörn Hildner abschließend. „Es freut mich insbesondere, dass der ACDJ auch so viele Mitglieder der Bad Kreuznacher Integrationsbeiräte ansprechen konnte."